Mark Hurd ist über die HP-Ethik gestolpert. Sein öffentlich gemachter Spesenbetrug wurde zum zwingenden Grund, seinen Rücktritt zu erklären. Im Gegensatz zu jedem anderen Beschäftigten, der in einem solchen Fall fristlos und ohne Abfindung entlassen wird, geht Mark Hurd jedoch mit einer Abfindung, die sich sehen lassen kann. Alleine 12,2 Millionen Dollar in bar - das sind bei einem großzügig gerechneten Lebensgehalt eines gut verdienenden IT-Beschäftigten von etwa 2 Millionen Dollar sechs Lebensgehälter. Als Abfindung. Ruft man sich in Erinnerung, wie Mark Hurd die Unternehmensprofite in den vergangenen fünf Jahren enorm in die Höhe getrieben hat - mit Rationalisierungsmaßnahmen auf dem Rücken der Beschäftigten - wird klar, dass die HP-Ethik schon länger mit der Realität im Widerspruch steht.
"Wir wollen MitarbeiterInnen von HP am Erfolg des Unternehmens beteiligen, der durch sie erst möglich wird. Wir bieten unseren MitarbeiterInnen leistungsorientierte Beschäftigungsmöglichkeiten und schaffen mit ihnen eine sichere und kreative Arbeitsumgebung, in der sowohl die Vielseitigkeit als auch die Individualität jedes Einzelnen geschätzt wird. Außerdem möchten wir dazu beitragen, dass unsere MitarbeiterInnen Zufriedenheit und Erfüllung bei ihrer Arbeit finden."
So der Tenor der Unternehmensphilosophie. Mit der Realität hat das momentan nicht mehr allzu viel zu tun. Und auch ohne Mark Hurd wird sich dieser Kurs vermutlich nicht ändern.
Im Herbst beginnen die jährlichen Verhandlungen um Bonuszahlungen und Gehaltserhöhungen - und angesichts der sehr guten Ergebnisse, die HP 2010 bislang für sich verbuchen kann, erscheint es mehr als angemessen, die Beschäftigten an den Gewinnen zu beteiligen. Auch im dritten Geschäftsquartal erhöhten sich trotz des Rücktritts von Mark Hurd die Umsatz- und Gewinnzahlen in allen Geschäftsbereichen. Das ist vor allem dem Einsatz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu verdanken. Konkrete Angebote des Unternehmens aber auch die Forderungen des GBR und der Beschäftigten lagen bei Redaktionsschluss noch nicht vor. Die Redaktion der HP-News erwartet aber angesichts der positiven Entwicklung ernsthafte Verhandlungsbereitschaft seitens des Arbeitgebers, die über ein "gutsherrliches Gewähren" hinausgeht.
In einer globalisierten Wirtschaftswelt sind auch die Arbeitsplätze und Standorte über den Globus verteilt. Das ist in der IT-Branche schon lange Realität, insbesondere bei transnational agierenden Großunternehmen - so auch bei HP. Um Kosten immer weiter reduzieren, der immer stärker werdenden Konkurrenz standhalten und die Firmenprofite steigern zu können, werden ganze Bereiche zunehmend in so genannte Billiglohn-Länder ausgelagert. Das hat Konsequenzen für die Beschäftigten: Arbeitsplätze gehen verloren, Mobilität wird erzwungen, der Druck, den jeder Einzelne erlebt, wird stärker.
Diese Konsequenzen erleben auch die HP-Beschäftigten - kontinuierlich wird Personal abgebaut und verlagert. Das geht in den nächsten Jahren so weiter. Der Arbeitgeber HP hat bereits angekündigt, den Offshoreanteil bis 2014 massiv auszuweiten, in einzelnen Bereichen auf bis zu 80 Prozent. Das geht einher mit einer neuen Form des Offshoring, bei der komplette Prozesse an andere Firmen übergeben werden.
Solche Entwicklungen stellen die Beschäftigten ebenso wie die betrieblichen und gewerkschaftlichen Interessenvertretungen vor neue Herausforderungen.
Beschäftigte, deren Stellen ausgelagert oder rationalisiert werden, müssen für andere Tätigkeiten um- und weiterqualifiziert werden, die ihnen eine Zukunft im Unternehmen HP und der IT-Branche in Deutschland ermöglichen. Frei werdende Stellen im Unternehmen müssen intern ausgeschrieben und möglichst intern besetzt werden. Solche Maßgaben können durch Betriebsvereinbarungen oder Tarifverträge abgesichert werden. Und geht es um die Auslagerung eines ganzen Bereichs oder Prozesses, kann der Betriebsrat einen Last Call einfordern und Alternativen ausarbeiten. Denn Betriebsräte haben Mitbestimmungsrechte, wenn es um betriebliche Veränderungen geht. Die Gewerkschaft ver.di berät Betriebsräte hierbei kompetent und mit großem Erfahrungsschatz.
Für internationale Unternehmen mit einer deutschen Landesgesellschaft wie HP gilt zudem: Wie kann die deutsche Geschäftsleitung die Corporation davon überzeugen, dass es sinnvoll ist, Arbeit in Deutschland zu belassen? Wie kann HP Deutschland darüber hinaus Arbeit nach Deutschland holen? Gute Argumente hierfür sind etwa die Qualität der geleisteten Arbeit und die Qualifikationen der Beschäftigten. Aber auch die Kundennähe, die über die Zeit aufgebaut wurde, ist ein Wert, der berücksichtigt werden muss. Offshoring ist zwar Ausdruck eines globalen Unternehmens, aber es muss sich auch rechnen. Erfahrungen haben gezeigt, dass auch ohne viele Offshoringmaßnahmen gute und wachsende Zahlen erreicht werden können.
Lange Zeit konnte diesen Entwicklungen noch mit dem Einwand begegnet werden, dass nicht an allen Standorten die notwendige Infrastruktur vorhanden sei, um eine gleiche Qualität zu gewährleisten. Auch wollten viele Kunden keine Verlagerung der von ihnen in Anspruch genommenen Dienstleistungen ins nahe oder entfernte Ausland. Beides hat sich verändert. Die Voraussetzungen in Ländern wie etwa Indien oder China sind zwar nicht die gleichen, durchaus aber gleichwertig. Durch die gesammelten Erfahrungen konnten außerdem Lösungen für häufige Probleme entwickelt werden. Das hat sich auch auf das Vertrauen der Kunden ausgewirkt: immer mehr Kunden wünschen Offshoring, nicht zuletzt, um Geld zu sparen.
Diesen Herausforderungen kann nur kollektiv und in internationaler Solidarität begegnet werden. Es reicht nicht mehr aus, nur im eigenen Land Druck aufzubauen, denn die meisten großen Unternehmen sind global aufgestellt. Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di ist daher in der "Global Union" UNI organisiert, die über 3 Millionen Mitglieder in mehr als 130 Ländern weltweit vertritt. Die UNI hat bereits globale Rahmenabkommen mit Konzernen wie etwa der Telekom abgeschlossen, um die Interessen der Konzernbeschäftigten weltweit sicherzustellen.
Zum Thema Offshoring wurde von der UNI eine Charta verabschiedet - Ziel hierbei ist, die Beschäftigen vor negativen Konsequenzen dieser Entwicklungen zu schützen und Mindeststandards einzufordern, um die stetige Verschlechterung der Arbeitsbedingungen zu verhindern.
Der Druck, dem die einzelnen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ausgesetzt sind, wird immer stärker - und individuelle Lösungen immer schwieriger. Erst gemeinsam ist es realistisch, die eigenen Interessen und gute Arbeitsbedingungen zu wahren. Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di vernetzt Interessen, entwickelt kollektive Lösungen und unterstützt die betrieblichen Interessenvertretungen - werden auch Sie Mitglied! Weitere Informationen über die Vorteile einer ver.di Mitgliedschaft gibt es hier.
Vielen Dank für den Bezug unseres Newsletters.
Dieser Newsletter ist ein Service der Initiative ICH BIN MEHR WERT. Verantwortlich im Sinne des Pressegesetzes ist als Träger der Initiative die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft, Bundesvorstand, Paula-Thiede-Ufer 10, 10179 Berlin, Internet: www.verdi.de. Verantwortlich für den Inhalt gemäß § 6 TDG und § 10 MDStV ist Lothar Schröder.
Sollten Sie den Newsletter abbestellen wollen, rufen Sie bitte folgende URL in Ihrem Browser auf: http://www.ich-bin-mehr-wert.de/news/hp_news/hp-newsletter/
Die IT-Branche wächst wie noch nie. Und Outsourcing ist auch in der IT-Branche immer wieder ein großes Thema. Ich setze mich gemeinsam mit ver.di dafür ein, dass alle in dieser Branche zu guten Konditionen eingesetzt werden!
Daniela C., Projektmanagerin, Frankfurt / M
© 2024 ver.di Fachbereich TK/IT