Seit Herbst dieses Jahres laufen die Verhandlungen um Gehalt und Bonus auf Hochtouren. Der Gesamtbetriebsrat HP hat sich erstmalig in der Unternehmens-Geschichte aktiv in die Verhandlungen eingebracht und eine eigene Forderung gestellt. HP-News berichtete über die Kampagne zur Gehaltsrunde im Oktober-Newsletter.
Wichtigstes Ziel: angemessene und gerechte Beteiligung aller an den Rekordgewinnen, die HP im Jahr 2010 erwirtschaftet hat.
Diese Verhandlungen sind nun in einer Sackgasse gelandet. Der Grund: Der Arbeitgeber weigert sich, Kompromiss-Vorschläge in Erwägung zu ziehen, die der GBR angeboten hat. Diese Nicht-Anerkennung des gewählten GBR als Verhandlungspartner betrachten wir von ver.di kritisch und mit Sorge.
Die arbeitgeberseitige Weigerung hat nun dazu geführt, dass die Einigungsstelle seitens des GBR angerufen wurde - ein übliches und legitimes Mittel von Betriebsräten, um Einfluss auf Unternehmensentscheidungen auszuüben und ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, um eine Kultur der Mitbestimmung bei HP nachhaltig zu verankern.
Dennoch hat die Entscheidung, die Einigungsstelle anzurufen, zu Irritationen und Besorgnis bei den Beschäftigten geführt. Daher haben wir von ver.di uns entschieden, in einem Sonder-Newsletter über Sinn und Zweck einer Einigungsstelle zu informieren und auch noch einmal auf die inhaltliche und politische Auseinandersetzung einzugehen.
Konflikte können nach dem Betriebsverfassungsrecht, das Mitbestimmungsrechte für Betriebsräte aber auch Pflichten für den Arbeitgeber regelt, über eine "neutrale" Stelle geklärt werden. Bei unlösbaren oder verfahrenen betrieblichen Konflikten zwischen Arbeitgeber und Betriebsräten wird zur Klärung eine Einigungsstelle angerufen.
Der Vorsitz einer Einigungsstelle wird in der Regel von einem Arbeitsrichter übernommen. Neben dem Einigungsstellenvorsitzenden gibt es noch weitere Einigungsstellenmitglieder: Normalerweise drei bis fünf Vertreter/innen der Arbeitgeberseite sowie drei bis fünf Vertreter/innen aus der betrieblichen Mitbestimmung (BR/GBR und / oder Gewerkschaftsvertreter/innen).
Der Einigungsstellenvorsitzende hat die Aufgabe, zwischen den betrieblichen Parteien (Betriebsrat/Arbeitgeber) zu vermitteln, die Thematik inhaltlich zu bearbeiten, zu erörtern und einen Lösungsweg auszuarbeiten. Dieser Lösungsweg, auch Spruch der Einigungsstelle genannt, ist unumstößlich und für beide Parteien zwingend bindend.
In mehreren Verhandlungsrunden wurden seit September die jeweiligen Auffassungen über Gehalts- und Bonusverteilungen zwischen dem Gesamtbetriebsrat und dem Arbeitgeber ausgetauscht. Der Arbeitgeber hat im November ein Verhandlungsangebot gemacht. Als Reaktion darauf und als Kompromissvorschlag hat der GBR dann einen Lösungsweg erarbeitet. Dieser Lösungsweg wurde jedoch durch den Arbeitgeber nicht angenommen. Damit blieb dem GBR – in Verfolgung seiner Ziele und um die Interessen der Beschäftigten möglichst gut zu vertreten – nichts anderes übrig, als die Einigungsstelle anzurufen.
Die Verbindlichkeit der Gehaltserhöhung und die Auszahlungsmodalitäten des VPB sind durch die Arbeitgeberkommunikation momentan in Frage gestellt. Die Botschaft des Arbeitgebers ist klar: Würde es nach ihm gehen, hätte beim Thema Gehaltsprogramm alles beim Alten bleiben sollen. Zur Erinnerung: Seit 2007 hat sich bei Classic HP in Sachen Gehalt nichts getan!
Zentrale Forderung des GBR ist es, dass bei allen das Grundgehalt spürbar erhöht wird. Denn nur das monatliche Grundgehalt ist berechenbar - variable Zahlungen dagegen hängen meist nicht nur vom eigenen Engagement ab, sondern auch von externen Faktoren und Einschätzungen.
Bonuszahlungen dagegen sind einmalig. Auch hier hat der GBR eine gerechte Verteilung gefordert, damit die komplette Belegschaft von den Unternehmensgewinnen profitiert. Sein Kompromissvorschlag: Zu 50 Prozent sollte der Bonus an alle gerecht verteilt werden, zu 50 Prozent sollte die Verteilung durch die Vorgesetzten erfolgen.
Die Umsätze und Gewinne von HP sind weltweit gestiegen - die Finanzpresse sprach durchweg von Rekordzahlen. Eine angemessene und verlässliche Beteiligung aller ist mehr als an der Zeit - denn erwirtschaftet wurde der Gewinn durch den Einsatz der Beschäftigten.
Zudem sind die Lebenshaltungskosten in den letzten Jahren massiv gestiegen - ohne dass dies durch Lohnerhöhungen ausgeglichen wurde. Die Reallohnentwicklung ist also seit Jahren negativ. Diesen Trend umzudrehen ist nicht nur Forderung des GBR von HP, sondern auch eine politische Forderung der europäischen Länder an die Unternehmen in der Bundesrepublik.
Diese Auffassung teilt der Arbeitgeber nicht, sondern will nach Gutsherrenmanier größtenteils nur dort verteilen, wo er es für notwendig erachtet. Alle anderen sollen weitestgehend leer ausgehen. Um dieses Ziel jetzt durch die Hintertür zu erreichen, koppelt der Arbeitgeber die schon zugesagte Gehaltserhöhung an die Verteil-Kriterien des VPB - weswegen der Fall bei der Einigungsstelle liegt.
Für diese Situation macht der Arbeitgeber nun den Gesamtbetriebsrat verantwortlich. Das ist schlechter Stil und ein im Gesetz keineswegs so vorgesehener Umgang mit einem Verhandlungspartner. Die Vorgehensweise des Arbeitgebers, den Gesamtbetriebsrat auflaufen zu lassen und zu hoffen, dass sich die Beschäftigten dann über die Mitbestimmung ärgern, folgt der Strategie "Teile und herrsche".
Eins ist klar: es geht um das Recht aller HP-Beschäftigten auf eine gerechte, angemessene und verlässliche Bezahlung. Der Konflikt liegt somit beim Arbeitgeber HP und nicht beim Gesamtbetriebsrat. Wer möchte, dass sich die Haltung der Arbeitgeber beim Gehaltsthema verändert, der sollte die Position des GBR stärken und Solidarität üben - durch Geduld und Vertrauen, und vor allem durch Zustimmung . Schlechter kann es in Anbetracht der letzten Jahre nicht werden - nur besser.
Aber: Nur wenn die Beschäftigten und ihre gewählten Vertretungen - ebenso wie die Gewerkschaften - gegenüber der Geschäftsführung zusammen halten, können wir gemeinsam erreichen, dass die Gehälter und Bonuszahlungen bei HP in Zukunft einem angemessenen Anteil am Unternehmensgewinn entsprechen - zum Beispiel durch einen Tarifvertrag bei HP.
"Was dem Einzelnen nicht möglich ist, das vermögen viele."
(Wilhelm Friedrich Raiffeisen)
Wenn Sie regelmäßige Informationen über Hintergründen in Sachen HP bekommen wollen: HP-News im Abo bestellen unter http://www.ich-bin-mehr-wert.com/startseite/news/hp_news/.
Ich bin seit fast 30 Jahren aktives ver.di-Mitglied – das hat meine persönliche Entwicklung entscheidend geprägt. Meine Überzeugung ist, dass jede Interessensvertretung und jeder Betrieb eine starke gewerkschaftliche Anbindung benötigt. So kann man am besten mitwirken, mitgestalten und mitbestimmen – im Sinne aller Beschäftigten.
Gisela K., Betriebsratsvorsitzende, Bamberg
© 2024 ver.di Fachbereich TK/IT